Frag doch mal'n Polizist, was 'n Polizeistaat ist…
Am 09. November 2024 ist Stephan Krawczyk, einer der bekanntesten Oppositionellen in der DDR, um 17:00 Uhr zu Gast zum Lichterfest in Hötensleben und zum 35. Jahrestages der Grenzöffnung. Krawczyk tritt in der evangelischen Kirche St. Bartholomäus auf.
Am 09. November 1989 machten sich mutige Hötenslebener mit Kerzen auf zur Grenze, die Deutschland teilte, und stellten die Kerzen auf die Mauer. Sie erwirkten damit friedlich den ungeplanten Grenzübergang im Ort. Für die Gemeinde Hötensleben ist das der Anlass, das „Lichterfest“ alle runden Jahre zu wiederholen und da es auch noch den auf den Tag der Grenzöffnung fällt, gibt es gleich zwei Gründe zu feiern.
Frag doch mal'n Polizist, was 'n Polizeistaat ist…
Krawczyk machte das Abitur und studierte Konzertgitarre an der Franz-Liszt-Hochschule in Weimar. Danach ging es weiter als freischaffender Künstler. Er war in jungen Jahren schon ein genialer Gitarrist. Nicht zu Unrecht gewann der auch 1981 den Nationalen Chansonwettbewerb der DDR. Krawczyk war Genosse und wollte eigentlich die DDR unterstützen und zog 1984 nach Ost-Berlin. Wo er zu schreiben begann. Er wollte helfen, indem er aufdeckte, was nicht gut war an diesem Sozialismus. Seine Kritik an der DDR nahm zu und erhielt in den Texten seiner Lieder eine ordentliche Portion Brisanz und Schärfe, denn er sang über den täglichen Machtmissbrauch, die zu der Zeit allgegenwärtige Umweltzerstörung und die Alternativlosigkeit der Bürger. Das wollte aber niemand derjenigen hören, die das Sagen hatten. So bekam er das Wesen einer Diktatur zu spüren. Zunächst kam der Parteiausschluss. Es wurde 1985 ein Berufsverbot verhängt, obwohl er nur die Wahrheit sang. Heute erleben wir es wieder, wenn Journalisten in Russland die Wahrheit sagen, werden Sie wie Schwerverbrecher behandelt oder gar ermordet. Umso wichtiger ist auch heute, sich für unsere Demokratie zu engagieren. Auch die Stasi verübte auf ihn und seine damalige Partnerin Freya Klier einen Mordanschlag mit Nervengift. Krawczyk galt als unbequem und wurde zur Symbolfigur des Widerstands durch die DDR-Bürgerbewegung. Er konnte nur noch in Kirchen auftreten und das auch nur bei mutigen Pfarren, denn die mussten nicht nur die Staatsmacht fürchten, sondern auch ihre angepasste Kirchenleitung. Er arbeitete auch beim illegalen Radiosender „Schwarzer Kanal“ mit. So kam es, wie es kommen musste in einer Diktatur, denn die lässt sich nichts gefallen und so wurde er am 17. Januar 1988 auf dem Weg zur der Liebknecht-Luxemburg-Demonstrationen verhaftet. Unter Androhung einer langjährigen Haftstrafe stimmte er einer Ausreise zu. Am 2. Februar wurden er und seine Frau, Freya Klier, aus dem Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen in die Bundesrepublik ausgewiesen.
Aber lassen wir das Thema jetzt, denn Krawczyk wird nicht gern auf den Dissidenten reduziert. Es nervt ihn sogar. „Das behindert mich in meinem Fortkommen als Künstler.“, sagte er einmal in einem Interview. Es muss aber erwähnt werden, da er der bekannteste Oppositionelle war, jedoch ist Krawczyk auch ein genialer Musiker. Seine Texte sind sehr schön und glänzen mit wunderbarer Poesie und Lyrik. Auch seine Romane lesen sich sehr gut und bestechen mit Witz. So greift er heute noch kritisch die Themen unserer Gesellschaft auf, zeigt Haltung und engagiert sich für unsere Demokratie. Er spielt Gitarre und Bandoneon, singt und schreibt aber auch wunderschön über die Liebe, das Vatersein und den ganz normalen Alltag.
So entstanden diverse musikalische und literarische Werke, viele Tourneen und seit 2003 ist er auch als Kabarettist zu erleben. Krawczyk ist Vater von vier Kindern und lebt in Berlin.
Im RBB lief vor kurzem eine gelungene Dokumentation über Stephan Krawczyk. „Ein biografischer Interviewfilm mit viel Musik und Poesie, der die Veränderungen eines Menschen aufzeigt, der in der Diktatur aufgewachsen ist und in der Demokratie versucht hat, seinen Weg zu finden.“, so beschreibt es der Sender selbst. Wir empfehlen diese Doku auf jeden Fall gern weiter.
https://www.rbb-online.de/fernsehen/programm/02_10_2024/1925515.html
Im Anschluss an das Konzert laufen wir wie vor 35 Jahren zum Grenzdenkmal und stellen wie damals Kerzen auf der Mauer auf. Dann soll gefeiert werden, denn der 35. Jahrestag der Grenzöffnung ist ein freudiges Ereignis, was wir auch mit einer Party begehen. Biba und die Butzemänner spielen auf und um 22:30 Uhr verzaubert ein eindrucksvolles Höhenfeuerwerk.
Zu allen Veranstaltungen lädt die Gemeinde Hötensleben ein und sie sind kostenfrei.
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