Krawcyk und Klier überzeugten
Hötensleben, Krawcyk und Klier überzeugten mit Ihrem Programm
Am Ende gab es fröhliche Gesichter und stehende Ovationen. Das war im ersten Teil, des in zwei Teile geteilten Programms nicht immer so. Eine beklemmende Atmosphäre herrschte zuweilen in der evangelischen Kirche in Hötensleben.
Es handelte sich um die erste Veranstaltung des Kulturjahres des Grenzdenkmalvereins und der Gemeinde Hötensleben. Die an diesem Freitag voll besetzte Sankt Bartholomäus Kirche, mit ihrer angestrahlten und für Dorfkirchen ungewöhnlichen barocken Pracht, war allein schon den Besuch wert. Als Hausherr begrüßte Pfarrer Peter Mücksch das Publikum. Für die einladende Konrad Adenauer Stiftung eröffnete Dr. Andreas Schulze die Veranstaltung. Der Bürgermeister, Dieter Buchwald, folgte mit einem Grußwort, indem er auf die Veranstaltungen in diesem Jahr hinwies (siehe www.grenzdenkmal.com oder www.rock-am denkmal.de) und eine Passage aus seiner Stasiakte verlas. In diesem Text wurde ein Treffen, dass der Bürgermeister vor über mehr als zwanzig Jahren mit Stefan Krawczyk hatte, von einem Unbekannten beschrieben und verurteilt.
Ebenfalls vor über zwanzig Jahren wurden die Bürgerrechtler Freya Klier und Stefan Krawczyk aus der DDR ausgewiesen. Sie war eine regimekritische Schriftstellerin und Regisseurin und er war Liedermacher, Autor und damals ihr Ehemann. Nun standen sie wieder gemeinsam auf einer Bühne und hielten Rückschau auf die damaligen Ereignisse, den Umbruch und das deutsch-deutsche Zusammenwachsen mit ihrem Programm „Kamen wir ans andere Ufer".
Entsetzen und Unverständnis über das eben gehörte erfüllte die Kirche als Freia Klier aus ihrem Tagebuch „Abreißkalender" las. Reflektiert wurden die Jahre 1987/88. Zusammen mit Stephan Krawczyk gründete sie die erste freie Theatergruppe der DDR, die natürlich nur in der Kirche spielen durfte. Es muss nicht weiter erklärt werden, was folgte. Es waren Repressalien, psychische und physische Gewalt bis hin zur Verhaftung und Ausbürgerung. Krawczyk hielt die beklemmende Stimmung mit seinen Liedern respektive Rezensionen aufrecht. Die Situation der Beiden wurde dem Zuhörer bei diesem Programm brutal realistisch. Dabei kamen sie nicht larmoyant daher und sahen sich nicht in der Opferrolle. Sympathisch waren Krawczyk und Klier, unkommentiert und ohne Wertung waren die Beiträge. Beide lieben die deutsche Sprache und das Spiel mit dem Wort. Nach den erschreckenden Tatsachen über die Vorgehensweise in einem totalitären und menschenverachtenden Staat, folgte der zweite Teil über das Heute und Jetzt.
Ironisch und mit einem Augenzwinkern wurde unser Dasein betrachtet. Krawczyk glänzte wie im ersten Teil mit seinen Metapher behafteten musikalischen Darbietungen. Die unverwechselbare Stimme, sein Lächeln und sein ganz besonderer Charme gaben den Stücken etwas Unbeschreibliches mit auf den Weg. Freya Klier rezitiert, diesmal nicht autobiographisch, über einen gestrandeten Künstler. Es wurden auch die Abgründe unserer Gesellschaft beleuchtet. Die Stimmung im Publikum war jetzt heiter, lustig und gelöst ohne aber ihre Nachdenklichkeit zu verlieren.
Am Ende des Abends standen nach stehenden Ovationen die Zugaben der Künstler und das Gefühl der Gäste etwas Besonderes erlebt zu haben.
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